Mittwochabend.
Es war ein anstrengender Arbeitstag – arbeiten von zuhause ist immer anstrengend.
Das Bett ruft mir zu
Willst Du nicht endlich die Tagesdecke über mich werfen?
Der Wäschetrockner im Keller piepst
Hallo, ich bin fertig, würdest du wohl endlich die trockene Wäsche aus mir rausholen?
Die Katze vor der Balkontür maunzt
Es regnet, liebe Dosenöffnerin, darf ich bitte wieder reinkommen?
Es ist zum Haare raufen.
Wie, bitte schön, soll frau sich da konzentrieren können?
Aber auch dieser Mittwoch neigt sich nun endlich seinem Ende zu.
Jetzt noch ein kleines Gläschen Rotwein, eine entspannende CD, dann verschwindet auch die Erinnerung an all das Schuften untertags.
Es klingelt?
Um diese Uhrzeit?
Ich öffne die Tür einen Spaltbreit.
Vor der Tür steht der Lebensgefährte meiner Freundin, Paul.
Kann ich kurz mir dir reden? Bitte. Bis zum Samstag dauert’s noch so lang.
Wir sitzen auf dem Sofa, jeder ein Glas Rotwein in der Hand.
Du hast doch von dieser Veranstaltung erzählt, von Hermann Scherer und dem Crossover der Generationen. Ich hab mich da ein wenig schlau gemacht – und ich denke, ich bin ein typisches Kind der ‘Generation Praktikum’.
Etwas verwirrt hebe ich eine Augenbraue.
So genau kenne ich mich auch noch nicht aus.
Ich habe doch Kommunikationswissenschaften studiert,
fährt Paul fort.
Und Mediengestaltung. Ich wollte so gern in einer Redaktion arbeiten, beim Fernsehen, vielleicht auch bei einer Zeitung. Das würde sich doch anbieten, oder nicht? Und was ist passiert? Seit mehr als 5 Jahren mache ich ein Praktikum nach dem anderen. Ich darf hier ein bisschen schnuppern, da ein bisschen mitmachen, recht oft darf ich Kaffee kochen und stillschweigend anderen beim Arbeiten zuschauen.
Und wenn das Praktikum dann aus ist, sagt mein Chef
Vielen Dank, Sie passen wirklich toll ins Team, Sie haben großartig gearbeitet, leider können wir Ihnen trotzdem keine Fixanstellung anbieten.
Aber warum? Was mach ich denn falsch?
Ich blicke ihn an, schweigend.
Was soll ich darauf auch antworten?
Ich habe keine Antwort.
Was ist der Grund dafür, dass junge Leute ein Praktikum nach dem anderen machen, es aber nie fix in ein Unternehmen schaffen?
Ist weniger in so einem Fall tatsächlich mehr?
Vor ein paar Jahren, als ich mich um ein Praktikum bei einem Medienunternehmen beworben habe, meinte der Chef
Sie haben schon viel gemacht, damit aber trotzdem keine Erfahrungen machen können.
Und er hat recht:
Was habe ich davon, wenn ich in zig Unternehmen Kaffee kochen und Listen erstellen darf, mitarbeiten kann ich aber nie?
Genau – gar nichts habe ich davon.
Paul schaut mich groß an.
Und? Irgendeine Idee?
Langsam nehme ich einen Schluck Wein, dann nicke ich.
Ja. Du brauchst jemanden, der dir eine Chance gibt, der sich traut, etwas Neues auszuprobieren. Du brauchst jemanden, der an dich glaubt. Und weißt du, wer als erster an dich glauben muss?
Du selbst.
Wenn du weißt, was du kannst und was du wert bist, dann ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung!
Du meine Güte.
Selbst in meinen Ohren klingt das nach esoterischem Brimborium, nach Räucherstäbchen-Logik und Glaskugel-Vorraussagen.
Aber ich ahne auch, das es stimmt.
Und plötzlich weiß ich, wie ich ihm helfen kann.
Hör zu, wie wär’s, kommst Du mit? Zu Hermann Scherer, mein ich.
Vielleicht finden wir dort einen Weg, raus aus der ‘Genereration Praktikum’, rein ins wahre Leben.
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